Aya

1953
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Bismillahi Al-Rahman Al-Raheem

„Und haltet den Vertrag Allahs ein, so ihr Verträge eingeht“

Im Namen Allahs, des Erbarmungsvollen, des Barmherzigen

„Und haltet den Vertrag Allahs ein, so ihr Verträge eingeht“

Der Islam hat nichts Großes oder Kleines im Leben der Menschen ausgelassen, das er nicht behandelt und dessen Rechtsspruch er nicht dargelegt hätte. So kam er mit sehr umfassenden und präzisen Rechtssprüchen, welche die Beziehung des Menschen zu seinem Schöpfer, zu sich selbst und zu anderen Menschen regeln. Der Erhabene sagt:

{وَنَزَّلْنَا عَلَيْكَ الْكِتَابَ تِبْيَانًا لِّكُلِّ شَيْءٍ وَهُدًى وَرَحْمَةً وَبُشْرَى لِلْمُسْلِمِينَ}

„Und wir haben zu dir das Buch hinabgesandt, erklärend für alle Dinge und als Rechtleitung, Gnade und Frohbotschaft für die Muslime.“ (Al-Nahl 16, Aya 89)

Was der Islam behandelt und als Rechtsspruch in sehr befriedigendem Maße dargelegt hat, ist das Verhältnis der Muslime zu Nichtmuslimen. Dies gilt sowohl für ihr Verhältnis in den Ländern der Muslime als auch in den Ländern anderer Völker, in denen sich die Muslime aus irgendeinem Grund in dauerhafter oder vorübergehender Weise niederlassen.

Der Islam hat das Verhältnis zwischen beiden Seiten, also zwischen Muslimen und Nichtmuslimen, auf einem Vertrag aufgebaut, der in seinem Wesen aus dem Schutzprinzip besteht. Ein Vertrag ist ein Pflichtabkommen zwischen zwei oder mehr Personen, das eingehalten und erfüllt werden muss. Und das Schutzprinzip, das das Wesen dieses Vertrages ausmacht, bedeutet den Schutz vor allem Schlechten und vor dem Verrat sowie den Schutz des Blutes, des Vermögens und der familiären Ehre.

Allah, der Erhabene, hat die Muslime dazu verpflichtet, einen Vertrag, den sie eingegangen sind, auch einzuhalten. Er hat es ihnen verboten, den Vertrag zu brechen und jene zu verraten, mit denen sie diesen Vertrag eingegangen sind. Der Islam hat die Wertigkeit der Vertragseinhaltung auch dadurch hervorgehoben, indem er für den Vertragsbruch keine Sühne akzeptiert, obwohl er diese im Falle des Eidbruches – der von Allah streng verboten wurde - sehr wohl angenommen hat. So sagt der Erhabene:

{وَأَوْفُواْ بِالْعَهْدِ إِنَّ الْعَهْدَ كَانَ مَسْؤُولا}

„Und haltet die Verträge ein. Wahrlich, über die Verträge wird dereinst Rechenschaft abgelegt werden.“ (Al-Isra’ 17, Aya 34) Auch sagt Er:

{وَأَوْفُواْ بِعَهْدِ اللّهِ إِذَا عَاهَدتُّمْ وَلاَ تَنقُضُواْ الأَيْمَانَ بَعْدَ تَوْكِيدِهَا وَقَدْ جَعَلْتُمُ اللّهَ عَلَيْكُمْ كَفِيلاً إِنَّ اللّهَ يَعْلَمُ مَا تَفْعَلُونَ}

„Und haltet den Vertrag Allahs ein, so ihr Verträge eingeht. Und brecht die Eide nicht nach deren Festigung, denn ihr habt Allah zum Garanten über euch gemacht. Wahrlich, Allah weiß wohl, was ihr tut.“ (Al-Nahl 16, Aya 91). Von
Aischa, Allahs Wohlgefallen über sie, wird berichtet, dass der Gottesgesandte sprach:

“ذمة المسلمين واحدة، فإن جارت عليهم جائرة فلا تخفروها، فإن لكل غادر لواء يعرف به يوم القيامة”

„Die Verpflichtung der Muslime ist (für alle) eine. Wenn einer von ihnen eine Schutzgewähr leistet, so brecht diese nicht. Denn jeder Vertragsbrecher trägt am Jüngsten Tag ein Banner, an dem er erkannt wird.“ (Von al-Hakim im „al-Mustadrak“ überliefert)

Die Muslime, die sich in den Ländern des Westens durch einen Schutzvertrag zwischen ihnen und dem Gastland aufhalten, sei es in Form eines Visums, einer Aufenthaltserlaubnis oder einer Staatsbürgerschaftsverleihung, haben islamrechtlich die Verpflichtung, diesen Schutzvertrag einzuhalten und alle sich daraus ergebenden Verpflichtungen zu erfüllen. Es steht ihnen nicht zu, den Bewohnern des Landes, mit dem sie einen Schutzvertrag eingegangen sind, in irgendeiner Form Leid zuzufügen. Sie dürfen deren Vermögen nicht antasten, deren Familienehre nicht verletzen, deren Glauben nicht beschimpfen und deren heiligen Städten, wie z.B. Kirchen, nicht schänden. Ebenso dürfen die Muslime, die sich in den Ländern des Westens durch einen Schutzvertrag aufhalten, sich nicht in irgendeiner Form gegen jene Personen wenden, die ebenfalls unter dem Schutz der westlichen Menschen stehen. So dürfen weder Hindus noch Juden noch andere Gemeinschaften, die sich in den westlichen Ländern befinden, in ihrem Leben, ihrem Vermögen, ihrer Ehre oder ihren Heiligtümern angetastet werden. Denn der Schutzvertrag, den die Muslime bei ihrer Einreise eingegangen sind, umfasst in den westlichen Ländern auch sie.

Nachdem der Schutzvertrag zwischen zwei Seiten abgeschlossen wird, sind auch beide Seiten verpflichtet, diesen einzuhalten. Denn ein Vertrag kann nicht umgesetzt und sein Zweck nicht erfüllt werden, wenn nur eine Seite seine Verpflichtungen einhält. Genauso wie der Schutzvertrag den Muslimen Pflichten auferlegt, legt er auch den westlichen Menschen ihnen gegenüber Pflichten auf. Wenn die Muslime gemäß dem Schutzvertrag dazu verpflichtet sind, das Blut, das Vermögen, die Ehre und die Heiligtümer der westlichen Menschen nicht zu verletzen, so gilt dies in gleicher Weise für die Menschen im Westen gegenüber den Muslimen. Hier gelten an erster Stelle der Schutz der Muslime in ihrem Glauben, die Unverletzbarkeit ihres Glaubens und ihre Unverletzbarkeit in ihrem Glauben.

Obwohl dieser islamische Rechtsspruch, der das Verhältnis der Muslime zu Nichtmuslimen in westlichen Ländern regelt, sonnenklar ist, blieb er manchen Muslimen wegen der schlechten Behandlung, die sie von den Menschen im Westen erleben, und die große Ungerechtigkeit, die ihnen widerfährt, doch verborgen. Deswegen sahen wir es als unsere Pflicht an, diesen Leuten im Besonderen und den Muslimen im Allgemeinen einen aufrichtigen Rat zu geben, indem wir einen großartigen islamischen Rechtsspruch ins Gedächtnis rufen, der fast in Vergessenheit geraten ist, nämlich die Pflicht zur Einhaltung der Verträge. Der Islam ist eine sehr tolerante Glaubensordnung. Er hat die tugendhafteste Moral gesetzlich festgeschrieben und die schönsten ihrer Eigenschaften vervollkommnet. Weder gehören Verrat und Betrug dazu noch der Bruch von Verträgen und das Hintergehen desjenigen, der Schutz gewährt. Abdullah Ibn Amr berichtet, dass der Prophet, Friede sei mit ihm, sprach:

“أربع من كن فيه كان منافقا خالصا، ومن كانت فيه خصلة منهن كانت فيه خصلة من النفاق حتى يدعها: إذا اؤتمن خان، وإذا حدث كذب، وإذا عاهد غدر، وإذا خاصم فجر”

„Vier Eigenschaften gibt es. Wer sie alle besitzt, ist ein reiner Heuchler. Und wer eine davon in sich trägt, der trägt ein Heuchlerattribut in sich, bis er davon ablässt: Wenn ihm etwas in Treuhand übergeben wurde, verrät er es. Wenn er spricht, dann lügt er. Wenn er einen Vertrag abschließt, hintergeht er. Und wenn er mit jemandem in einen Zwist gerät, übertritt er in seiner Feindschaft alle Maßen.“ (Übereinstimmend überliefert)

Es ist uns durchaus bewusst, dass all das, was die Muslime überall auf der Welt an Erniedrigung und Schwäche erleiden müssen, explosiven Zorn erzeugt. Dies rechtfertigt aber für uns Muslime nicht, das islamische Gesetz zu brechen und aus der bloßen Reaktion heraus zu handeln. Denn der Ungehorsam gegenüber Allah durch Verrat und Hintergehung führt nicht zum Sieg. Er bringt keinen Nutzen und holt kein Recht zurück. Denn Erlaubtes darf nicht durch Verbotenes erlangt werden und der Zweck heiligt nicht die Mittel. Allah ist das Gute und Er nimmt nur das Gute an. Nachdem die Muslime eine Botschaft der Wahrheit tragen, die mit Bedeutungen der Würde und Barmherzigkeit wahrlich überflutet ist, obliegt es ihnen grundsätzlich, den geraden Plan einzuhalten, den Allah, der Erhabene, ihnen vorgeschrieben hat. Weder in Kriegs- noch in Friedenszeiten dürfen sie davon abkommen, auch nicht im Zustand der Stärke oder der Schwäche. Möge der Gesandte Allahs beim Erfüllen der Verträge und dem Einhalten der Verpflichtungen unser Vorbild sein. So wird von Huthaifa Ibn al-Yaman folgendes berichtet: „Nichts hat mich davon abgehalten, der Schlacht von Badr beizuwohnen, außer der Umstand, dass ich und mein Vater ausgezogen waren und von den ungläubigen Mekkanern gefasst wurden. Sie sagten uns: „Ihr wollt zu Muhammad, nicht wahr?“ Wir antworteten: „Wir wollen nicht zu ihm, sondern nur nach Medina.“ Sie nahmen uns vor Allah das Versprechen und die Verpflichtung ab, nach Medina zu ziehen, aber nicht mit Muhammad mitzukämpfen. Als wir zum Gesandten Allahs kamen, erzählten wir ihm, was geschehen war. Er sagte:

“انصرفا. نفي بعهدهم، ونستعين الله عليهم”

„Ihr könnt euch entfernen. Wir erfüllen ihnen gegenüber unser Versprechen und suchen bei Allah Beistand gegen sie.“ (Von Muslim überliefert)

23. Safar 1425 n. H.

 

Hizb-ut-Tahrir

13.04.2004
 

Europa

 


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