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Bismillahi Al-Rahman Al-Raheem

Antwort auf eine Frage
Was steckt wirklich hinter dem Abkommen zur Anwendung der islamischen Scharia im Swat-Tal? Wird es tatsächlich Frieden schaffen?

Frage:

Am 15. Februar 2009 gab die pakistanische Regierung bekannt, dass sie mit den Unterstützern der pakistanischen Taliban und der Gruppe zur Implementierung der mohammedanischen Scharia zu einer Einigung gelangt sei. Die Einigung sieht die Implementierung des islamischen Strafsystems im Gebiet des Swat-Tals vor. Die Taliban-Bewegung gab daraufhin einen Waffenstillstand bekannt. So erklärte der offizielle Sprecher der Taliban-Bewegung Muslim Khan: „Die Taliban-Bewegung hat als Zeichen des guten Willens einen einseitigen Waffenstillstand ausgerufen; unsere Kämpfer werden keine pakistanischen Sicherheitsleute oder Regierungseinrichtungen mehr angreifen.“ Er fügte allerdings hinzu, dass die Kämpfer in ihren Positionen verharren und sich gegen jeden Angriff zur Wehr setzen werden. Dieses Abkommen zog zahlreiche Kritik aus dem In- und Ausland nach sich.

Was steckt nun hinter diesem Abkommen? Wird es den Frieden im Swat-Tal gewährleisten?

Antwort:

Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Bewegung zur Implementierung der mohammedanischen Scharia nicht zum ersten Mal ein Abkommen mit der Regierung zur Anwendung der Scharia im Swat-Tal unterzeichnet. So wurden ähnliche Vereinbarungen zwischen beiden Seiten bereits 1994, 1999 und 2007 unterschrieben. Sie alle waren aber nicht von langer Dauer. Jedesmal benützte sie die pakistanische Regierung für ihre eigenen Zwecke. Auch dieses Mal scheint es nicht die Absicht der Regierung zu sein, diese Vereinbarung einzuhalten. Wahrscheinlicher ist vielmehr, dass sie das Abkommen zur Erreichung mehrerer Ziele benützen wird, zu denen folgende zählen:

Erstens: Die pakistanische Armee möchte nicht in einen harten Kampf mit den Bewaffneten in Swat hineingeraten und gleichzeitig einen Krieg gegen die Taliban-Bewegung, die Bewegung um Baytullah Mas’ud und die Gruppe „Tahrik Taliban Pakistan“ führen. Mit anderen Worten wird dieses Abkommen der pakistanischen Armee ermöglichen, sich neu zu formieren und ihre Kräfte an anderen Plätzen einzusetzen.

Zweitens: Mit diesem Abkommen verfolgt die pakistanische Regierung das Ziel, die Taliban in Swat von den Al-Kaida loyalen Taliban zu spalten. So erklärte Pakistans Botschafter in Washington Hussein Haqqani: „Wir versuchen Al-Kaida und die bewaffneten Taliban von der lokalen Bewegung in Swat, die die Implementierung der Scharia anstrebt, zu spalten. Dies ist Teil des Pragmatismus‘ der Armee und eine politische Strategie, welche die lokale Bevölkerung dazu bringen wird, sich gegen die Terroristen zu stellen. Dadurch können die Terroristen isoliert und schließlich vernichtet werden.“

Drittens, und das ist das wichtigste Ziel: Die USA planen im kommenden Frühjahr einen Angriff in Afghanistan. Zu diesem Zweck entsandten sie 17.000 zusätzliche Soldaten. Durch diese zusätzlichen Truppen wurden die amerikanischen Streitkräfte in Afghanistan um 40% aufgestockt. Das Zusatzkontingent besteht aus 8000 Soldaten der „Marines“ und 4000 Armeesoldaten, die mit Panzerfahrzeugen des Typs „Stryker“ ausgerüstet sind, sowie aus weiteren 5000 Unterstützungsangestellten. Diese Streitmacht ist für Kampfeinsätze vorgesehen, die zumeist in den Sommermonaten intensiver werden. Damit möchte man die Kontrolle der Besatzungsmacht über die rund um Kabul liegenden Gebiete verstärken sowie die Umfahrungsstraßen um Kabul schützen. Darüber hinaus sollen die NATO-Truppen in Südafghanistan unterstützt werden, um die Präsidentenwahlen im August 2009 sicher abhalten zu können.

Viertens: Als Unterstützung ihres Plans zur Stabilisierung Afghanistans, haben die USA die pakistanische Armee dazu angehalten, ein vorläufiges Abkommen mit den Bewaffneten in Swat abzuschließen, damit die Armee ihre Kräfte auf das Stammesgebiet konzentrieren kann. Dieser Plan erfordert allerdings auch, dass sich Pakistans Armee bereit hält und an der indischen Grenze nicht beschäftigt wird. Deswegen befahlen die USA der ihnen loyalen pakistanischen Regierung, Indien zufrieden zu stellen und die Spannungen mit ihm abzubauen. Die Regierung entsprach dieser Forderung; und so erklärte Rahman Malik, Berater des Premierministers für innere Angelegenheiten, dass Pakistan für die Anschläge von Mumbai eine Teilverantwortung trage.

Einige Tage bevor die pakistanische Regierung ihre Teilverantwortung für die Mumbai-Ereignisse bekanntgab, ließ Singh Modi von der amerikaloyalen indischen Bharatiya-Janata-Partei (BJP) seinem ganzen Zorn gegen die regierende Kongresspartei, die die Spannungen mit Pakistan hochschraubt, freien Lauf. Das Parteimitglied Modi unterstrich den innerindischen Faktor bei den Mumbai-Ereignissen mit den Worten: „Wenn wir irgendeinen Bürger hier in Indien fragen, der nur das minimalste Wissen und die minimalste Ahnung von den Mumbai-Ereignisse hat, so wird er sagen, dass diese Ereignisse nicht stattfinden hätten können, wenn sie keine Unterstützung aus dem Inland bekommen hätten.“

Auf diese Weise haben die amerikanischen Agenten auf beiden Seiten - sowohl in Pakistan als auch in der indischen Janata-Partei - auf eine Reduktion der Spannungen zwischen der Zardari-Regierung und der indischen Kongresspartei-Regierung hingearbeitet. Dies hatte den Zweck, der Kongresspartei jeden Vorwand zu nehmen, den sie zur Durchführung einer Militäraktion gegen Pakistan nützen könnte. Damit wollten die USA die Spannungen von der pakistanisch-indischen Grenze fernhalten, damit die pakistanische Armee sich auf gemeinsame Militäraktionen mit den USA im Stammesgebiet konzentrieren kann.

Fünftes: Was die widersprüchlichen amerikanischen Erklärungen zum Swat-Abkommen betrifft, so war zu bemerken, dass die Bekanntmachung des Abkommens nach der Abreise Holbrookes aus Pakistan erfolgte. Es ist nicht vorstellbar, dass das Abkommen ohne Wissen der USA zustande gekommen ist. Zudem ist festzustellen, dass die ersten Erklärungen der amerikanischen Offiziellen das Abkommen guthießen, im Gegensatz zu den Erklärungen der NATO und Großbritanniens. So wiederholte Gordon Duguid, der Vizesprecher des amerikanischen Außenministeriums, was pakistanische Vertreter des Verteidigungsministeriums zum Abkommen sagten. Er meinte: „Das islamische Gesetz ist Teil der pakistanischen Verfassung. Ich sehe keinen Anlass für irgendjemandem außerhalb Pakistans, diese Frage zu diskutieren – ganz sicher nicht von diesem Podium aus.“ Als einer der Journalisten das Abkommen als eines zwischen der pakistanischen Regierung und der Taliban-Bewegung bezeichnete, antwortete er ihm mit den Worten: „Ich bin mir ihrer Analyse dessen, was in Pakistan passiert, nicht sicher. Deswegen verweise ich sie an die pakistanische Regierung, um ihnen das zu erklären.“ Diese Erklärungen widersprechen jenen des britischen Hochkommissars in Islamabad, der meinte: „Das frühere Friedensabkommen war nicht umfassend und keine dauerhafte Lösung für das Problem Swat. Wir müssen sichergehen, dass dieses Abkommen die Gewalt beendet und keinen Raum für weitere Gewalt schafft.“

Sechstens: Was die scharfen Erklärungen Holbrookes bezüglich des Abkommens anlangt, so war damit die Beruhigung der seitens der NATO, Indiens und anderer Staaten geäußerten Bedenken beabsichtigt. Gleichzeitig belegen sie den Willen Washingtons, eine starke Botschaft an die Adresse der pakistanischen Armee zu richten mit dem Inhalt, dass der Zweck des Abkommens nicht überschritten werden darf. Dieser Zweck liegt in einer vorübergehenden Beruhigung der dortigen Lage, um sich auf die Bekämpfung der Taliban in Afghanistan und an der pakistanisch-afghanischen Grenze konzentrieren zu können. Danach sollen aber die Bewaffneten in Swat vernichtet werden. Auch haben die USA mit dieser Botschaft klar gemacht, dass sie eine Wiederholung der Ereignisse des Jahres 2006 nicht hinnehmen würden. Damals schloss die Regierung ein ähnliches Abkommen mit den bewaffneten Gruppen im Stammesgebiet ab, was zur Folge hatte, dass die bewaffneten Kämpfer sich neu formierten und Angriffe innerhalb Afghanistans durchführten. Dies ist auch der Grund, warum die pakistanische Armee trotz Unterzeichnung des Abkommens ihre Verbände aus dem Swat-Tal nicht abgezogen hat.

26. Safar 1430 n. H.

   
20.02.2009
   



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