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Bismillahi Al-Rahman Al-Raheem

Antwort auf eine Frage
Die Wahrheit über den Umsturz in Guinea

Frage:

Am 23. 12. 2008 wurde in Conakry, der Hauptstadt Guineas, eine Revolte unter einigen Militäreinheiten bekanntgegeben. Dies geschah vier Stunden nachdem der Tod des Präsidenten der Republik Guinea, Lansana Conté, verlautbart wurde. Am nächsten Tag erklärten die Putschisten die Gründung eines Rats unter der Bezeichnung „Nationaler Rat für Entwicklung und Demokratie“. Man gab bekannt, dass jener Offizier, der die Erklärung der Putschisten am ersten Tag des Staatsstreichs im offiziellen Staatsrundfunk verlesen hatte, Hauptmann Moussa Camara, zum Vorsitzenden dieses Rats ernannt wurde. Anfangs stellte sich der Premierminister gegen den Staatsstreich. Auch der Kommandant der Streitkräfte unterstützte den Premierminister und rief die Putschisten auf, loyal zur Regierung zu stehen. Jedoch nach weniger als drei Tagen ergab sich der Premierminister den Putschisten. Was steckt nun wirklich hinter diesen Ereignissen? Handelt es sich dabei um ein lokales Geschehen, bei dem sich die Putschisten den Tod des Präsidenten zunutze machten, oder haben die Ereignisse einen regionalen oder internationalen Charakter?

Antwort:

Verfolgt man die Ereignisse und auch die internationalen Stellungnahmen zum Staatsstreich, wird klar, dass der internationale Hegemonialkampf um Afrika nicht abseits dieses Putschgeschehens steht. Zur Erläuterung sei das Folgende erwähnt:

1. Putschisten-Führer Moussa Camara gab im Namen der Putschisten bekannt, dass sie nicht vorhätten länger als 2 Jahre an der Macht zu bleiben, und zwar bis zur Abhaltung von Präsidentschaftswahlen Ende des Jahres 2010. (BBC, am 24. 12. 2008) Zu den Gründen für den Staatsreich erklärte er Folgendes: „Die Institutionen der Republik haben ihre Unfähigkeit an den Tag gelegt, die bestehende Krise im Land zu bewältigen. Von heute an werden die Arbeit mit der Verfassung sowie die politischen und gewerkschaftlichen Tätigkeiten eingestellt.“ Er fügte hinzu: „Es herrscht eine große Hoffnungslosigkeit im Land. Deswegen war es notwendig etwas zu unternehmen, um die Korruption zu beenden und die wirtschaftliche Lage zu verbessern.“ (BBC, am 24. 12. 2008) Dies belegt, dass der Putsch schon seit längerem geplant war und sich nicht erst in den vier Stunden nach dem Tod des Präsidenten spontan ereignete. Auch handelt es sich dabei nicht um eine Reaktion auf den Tod des Präsidenten, weil Hauptmann Camara, der Putsch-Führer, bereits mehrere Revolten durchgeführt hat, deren letzte sich erst im Mai dieses Jahres ereignete.

2. Die internationalen Reaktionen kamen zuallererst von Frankreich, das in seiner ehemaligen Kolonie Guinea den Haupteinfluss hat. So wurde von französischer Seite erklärt: „Frankreich wird jedem Putschversuch entgegen treten.“ (BBC, am 23. 12 2008) Und der Sprecher des französischen Außenministeriums Eric Chevalier sagte in einer Pressekonferenz: „Wir werden keinen Zustand akzeptieren, der die Verfassung nicht respektiert.“ Er fügte hinzu: „Es scheint, dass die rechtmäßige Regierung derzeit die Situation im Land kontrolliert. Es existieren Behauptungen. Aber es scheint, dass die Realitäten am Boden sie nicht unterstützen.“ (Al-Jazeera, 23. 12. 2008) Aus diesen Erklärungen lässt sich ablesen, dass Frankreich Furcht vor dem Erfolg der Putschisten hat und ihren Staatsstreich ablehnt. Es hat auch offen erklärt, dass es ihrem Putsch entgegentreten wird. Auch die französischen Zeitungen griffen die Putschisten an und setzten ihre Kritik an ihnen fort. Manche von ihnen machten sich sogar über die Putschisten lustig, wie beispielsweise die Zeitung „Le Figaro“, die meinte: „Die guineischen Soldaten ziehen durch die Stadt Conakry und haben einen obskuren Hauptmann an die Staatsspitze gesetzt, der die Brennstoffabteilung der Armee leitete.“

3. Seitens der Vereinigten Staaten hingegen erklärte der Sprecher des Weißen Hauses Tony Fratto: „Wir arbeiten mit unseren Partnern in der Region, in den anderen Staaten und in der Afrikanischen Union zusammen, um die Institutionen in Guinea zu ermutigen, alle notwendigen Maßnahmen zu setzen, die einen friedlichen und demokratischen Machtwechsel in Guinea gewährleisten.“ Er fügte hinzu: „Es liegt auf der Hand, dass die Region instabil ist. In ihrer Geschichte ist es kaum zu dieser Art friedlichen und demokratischen Machtwechsel gekommen.“ (23. 12. 2004) Dies belegt, dass die Behauptung der Vereinigten Staaten, sie seien für einen friedlichen und demokratischen Machtwechsel, eine Lüge ist, die nur der demokratischen Augenauswischerei dient. So erklären sie gleichzeitig, dass die Region keinen friedlichen und demokratischen Machtwechsel kennt. Demnach bleibt nur der von den USA seit langem eingeschlagene Weg der Militärputsche um ihre Agenten an die Macht zu bringen.

Auch weist die Erklärung Tony Frattos darauf hin, dass die USA dem Geschehen wohlwollend gegenüberstehen und es implizit unterstützen. Sie können die Putschisten aber nicht öffentlich unterstützen, weil sie sich ja stets großmäulig von Demokratie und friedlichen Mitteln reden. Es ist aber bekannt, dass diese Dinge nur dann für die USA von Bedeutung sind, wenn sie ihren Interessen dienen.

Was die Zufriedenheit der USA mit den Ereignissen und ihre implizite Unterstützung des Putsches weiter belegt, ist die folgende Erklärung des Sprechers des amerikanischen Außenministeriums, Robert Wood, die er gegenüber dem amerikanischen Radio-Sender „Sawa“ äußerte: „Die Vereinigten Staaten wollen, dass Guinea unverzüglich zu einer demokratisch-zivilen Regierungsform zurückkehrt. Washington ist unzufrieden mit dem Umstand, dass in dieser Phase des Machtwechselprozesses in Guinea kein ziviles Element vorhanden ist.“ Er meinte auch, dass die USA bezüglich des Putsches in Guinea noch keine Entscheidung getroffen hätten. Sie berieten sich mit ihren Verbündeten, um diesbezüglich einen „koordinierten Standpunkt“ einzunehmen. (Al-Moheet-Webseite, am 25. 12. 2008) Diese Worte des offiziellen amerikanischen Sprechers belegen, dass die USA nicht gegen den Umsturz sind und dass sie ihn implizit unterstützen. So erklärte Wood, die USA seien mit dem Nichtvorhandensein eines „zivilen Elements im Machtwechselprozess“ unzufrieden. Er sagte nicht, dass sie mit dem Militärputsch an sich unzufrieden seien. Auch bedeutet die Aussage, sein Land habe diesbezüglich „noch keine Entscheidung getroffen“, dass es mit dem Putsch einverstanden ist und nur den richtigen Zeitpunkt abwartet, um es offen auszusprechen.

Wäre der Putsch nämlich nicht im Interesse der USA gewesen, hätten sie einen medialen Großangriff auf die Putschisten gestartet, wie sie es mit vielen anderen Staatsstreichen zu tun pflegten, die nicht ihren Interessen entsprachen. Zudem verlangten die USA die Abhaltung von Wahlen im kommenden Mai. (Al-Jazeera 26. 12. 2008) Auch das zeigt die implizite amerikanische Unterstützung für den Putsch.

4. Was die britische Seite betrifft, so lautete das den Putsch-Bericht begleitende Kommentar der BBC vom 24. 12. 2008: „Die Spaltung (in der Armee Guineas gegenüber dem Putsch) könnte fatale Folgen im Hinblick auf die ethnischen Spaltungen in der Armee und im Land haben.“ Der Sender fügte hinzu: „Die Spaltungen werden auch auf die Nachbarstaaten Sierra Leone, Liberia und die Elfenbeinküste Auswirkungen haben.“ Er erwähnte weiter: „Die Beobachter betonten auch, dass es Befürchtungen gebe, die Entwicklungen in Guinea könnten sich auf die Situation in ganz Westafrika auswirken. So haben Nachbarstaaten wie Liberia, Sierra Leone und die Elfenbeinküste nach Jahren der Kämpfe erst in letzter Zeit eine relative Stabilität erlebt.“

In einem Seitenhieb auf den Putschführer zitierte die BBC Kollegen von ihm, die meinten, er sei „ein lausiger Schüler“ gewesen. Dies weist darauf hin, dass die Engländer mit dem Putsch nicht einverstanden sind und erkannt haben, dass er nicht in ihrem Interesse ist. Auch ist ihnen bewusst, dass es dadurch zu einer Veränderung in der Region kommen wird und diese Veränderung nicht im Sinne des europäischen Einflusses ist. Ansonsten hätten sie nicht gesagt, der Putsch in Guinea würde “fatale Folgen auf die Nachbarstaaten“ haben.

5. In der Nacht auf Mittwoch, den 24. 12. 2008 zu später Stunde, erklärte sich Rebellenführer Moussa Camara selbst zum Staatspräsidenten und sagte: „Ich bin überzeugt davon und möchte betonen, dass ich der Staatspräsident bin und der Vorsitzende des Nationalen Rates für Demokratie und Entwicklung.“ Der Premierminister Guineas Ahmed Tidiane Souaré antwortete ihm in einer Erklärung gegenüber Radio France International, dass seine Regierung noch vorhanden sei und in der Übergangsphase noch vorhanden bleiben wird. (Al-Jazeera, am 25. 12. 2008) Die gleiche Quelle erwähnte auch, dass der Generalstabchef der Streitkräfte, Diarra Camara, mit den Rebellen zu verhandeln versuche um sie davon zu überzeugen die Verfassungsprinzipien einzuhalten. Die Verfassung erwähne klar, dass der Vorsitzende des Nationalkongresses (Parlament) zum Interimspräsidenten ernannt werden muss. Diese widersprüchlichen Stellungsnahmen machen deutlich, dass zwei uneinige bzw. miteinander ringende Parteien in Guinea existieren. Die erste besteht aus Militärangehörigen unter der Führung Moussa Camaras und die zweite steht unter der Führung des Generalstabchefs und mit ihm die Regierung und das Parlament. Der Putschisten-Führer erklärte sich eilig zum Staatspräsidenten um seine Macht zu festigen und andere, wie etwa den Generalstabchef, daran zu hindern sich selbst zum Präsidenten zu ernennen. Auch wollte er damit verhindern, dass der Parlamentspräsident zum Interimspräsidenten ernannt wird. Erwähnenswert ist, dass der verstorbene Präsident Lansana Conté ebenfalls durch einen Militärputsch im Jahre 1984 an die Macht gelangte, und zwar eine Woche nachdem der frühere Präsident Ahmed Sékou Touré verstorben war.

6. Aus all dem oben Erwähnten wird klar:

Die Ereignisse in Guinea sind Teil des internationalen Hegemonialkampfes zwischen den Vereinigten Staaten auf der einen und Europa, d. h. Frankreich und Großbritannien, insbesondere aber Frankreich, auf der anderen Seite. Die Vereinigten Staaten stehen hinter den Putschisten und unterstützen sie. Frankreich und Großbritannien sind gegen den Putsch, der ihren Einfluss in Westafrika bedroht, sollten die USA in Guinea-Conakry erfolgreich bleiben.

7. So viel zum Fakt, dass der Staatsstreich einen Teil des internationalen Hegemonialkampfes darstellt.

Was die Kapitulation des Premierministers gegenüber den Putschisten betrifft, nachdem er sich anfangs gegen sie stellte, so sieht die Wahrheit folgendermaßen aus:

a) Es stimmt, Premierminister Ahmed Tidiane Souaré und mit ihm 30 Minister haben sich den Putschisten ergeben. Souaré erklärte seine Loyalität ihrem Anführer gegenüber mit den Worten: „Wir danken Ihnen und stellen uns unter Ihre Entscheidungsgewalt.“ (Al-Jazeera, 26. 12. 2008) Er lobte ihn sogar und bezeichnete ihn als „weisen Menschen“ (CNN, am 26. 12. 2008). Anfänglich stand Premierminister Ahmed Souaré den Putschisten bekanntlich ablehnend gegenüber. Armeekommandant Diarra Camara unterstützte den Premierminister dabei, betrachtete ihn als die Person, die das Land rechtmäßig vertritt, und verlangte von den Putschisten sich zu ergeben. Die spätere Kapitulation des Premierministers weist aber darauf hin, dass es den Putschisten gelungen ist, die Situation in Guinea unter ihre Kontrolle zu bringen.

b) Dies auf der einen Seite. Auf der anderen Seite belegt diese Entwicklung die französisch-britische Einsicht, dass der Staatsstreich geglückt bzw. nahezu geglückt ist und ein Widerstand gegen ihn nichts mehr bringen würde. Sie begnügten sich offenbar mit den Krümeln, die die USA für sie übrig ließen, um im Gegenzug den Premierminister und den Armeechef zu überreden sich den Putschisten zu ergeben. Es scheint, als ob Frankreich und Großbritannien von den USA den Erhalt einiger ihrer Interessen in Guinea zugesichert bekamen, wobei der Löwenanteil natürlich den US-Interessen vorbehalten bleiben wird. Auf diese Weise kam es zur Kapitulation.

8. Es ist bekannt, dass George Bush während seiner letzten Afrika-Reise im Februar des Jahres 2008 fünf Staaten auf dem Kontinent besuchte, einige davon in Westafrika. Dies verdeutlicht, dass die USA bei ihrem Versuch, ihre Hegemonie auf alle Länder Afrikas auszudehnen – vom östlichsten bis zum westlichsten und vom nördlichsten bis zum südlichsten Zipfel - Westafrika Priorität einräumen. Wir rufen an dieser Stelle Bushs Erklärung in Erinnerung, die er vor Antritt seiner Afrika-Reise tätigte. Er sagte: „Afrika ist von großer Wichtigkeit für die amerikanische Strategie. Die Situation in Afrika hat eine direkte Auswirkung auf die Sicherheit der Vereinigten Staaten.“ (Chinesische Volkszeitung, am 25. 2. 2008) Mit der Aussage, die Situation in Afrika habe eine direkte Auswirkung auf die Sicherheit der Vereinigten Staaten, erhob Bush die Afrika-Frage zu einer Schicksalsfrage für die Vereinigten Staaten!

Es hat den Anschein, als ob er die südliche Ostküste des Atlantiks, also Westafrika und was dahinter Richtung Osten liegt, zu einer inneren amerikanischen Angelegenheit erhoben hätte, die allein den USA vorbehalten ist. Dies tat er offenbar in Anlehnung an die Monroe-Doktrin, welche die Westküste des Atlantiks zu einer Schicksalsfrage für die Vereinigten Staaten erhob. Jeder Versuch einer Einflussnahme seitens der Europäer wurde als direkter Angriff auf die Vereinigten Staaten gewertet. Bushs diesbezüglicher Standpunkt entspricht dem Standpunkt Monroes gegenüber seinen „feindlichen Verbündeten“ unter den europäischen Kolonialmächten.

Die gewaltigen Reichtümer Afrikas, darunter auch große Erdölreserven, haben die Gier der größten westlichen Kolonialmacht geweckt. In einem Bericht der Al-Ahram International vom 16. 6. 2007 heißt es, dass nach Erwartungen des nationalen amerikanischen Kommunikationsrats die Küste Guineas im Jahr 2020 die Vereinigten Staaten mit rund 24-25 Prozent ihres Erdölimports beliefern wird. Auch erwartet das Zentrum für internationale afrikanische Politik, dass im Jahr 2020 die Gewinne aus den Erdöleinnahmen der Guinea-Küste eine Billion Dollar betragen werden, wenn der Rohölpreis 50 Dollar pro Barrel nicht unterschreitet. Auch ist Guinea der weltgrößte Exporteur des Rohstoffs Bauxit, der zur Aluminiumherstellung verwendet wird. Die strategische Lage des Landes am Atlantischen Ozean ermöglicht es, die Energierohstoffe schneller und sicherer in die Vereinigten Staaten zu befördern als vom Nahen Osten aus, der darüber hinaus gefährdet ist, in die Hände seiner muslimischen Einwohner zu fallen und sich aus dem Griff der westlichen Kolonialstaaten, allen voran der USA, zu lösen. Auch sind die Beförderungskosten weitaus geringer, weil Westafrika relativ nahe zu den Vereinigten Staaten liegt. Guinea ist somit prädestiniert dazu, zukünftig große Mengen afrikanischen Erdöls über seinen Golf zu befördern, sollte es den USA gelingen, die Region unter ihre Kontrolle zu bringen.

28. Dhu-l-Hijja 1429 n. H.

   
26.12.2008
   



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